Affe tot.

Thomas Schindler
4 min readDec 16, 2020

Klappe zu, Affe tot.

Photo by David Hansche from Pexels

(1) Die Arena

Was ist denn so los auf dem kleinen blauen Punkt am äusseren Ende von Laniakea?

(a) Existenzielle Bedrohnung

Wir (die Menschheit) haben es geschafft, den natürlichen existenziellen Risiken eine Reihe selbstgemachter existenzieller Risiken hinzuzufügen.

Zu den natürlichen zählen Dinge wie Meteoriteneinschlag, Supervulkan-Ausbruch, Sonnenstürme, Pandemien, und so weiter. Eine unserer Beschäftigungen als Menschheit besteht darin, Wege zu finden, die von diesen Bedrohungen ausgehende Gefahr zu reduzieren.

Dabei haben wir mehr oder weniger unabsichltlich jede Menge neuer Bedrohungen geschaffen. Neben Klima-Chaos und Ökosystem-Kollaps besteht weiterhin die ständige Bedrohung durch nukleare Waffen (deren Herstellung und Beschaffung immer einfacher wird) und möglicherweise in Zukunft durch physische und virtuelle Maschinen, um nur ein paar wenige zu nennen.

Die grosse Stärke unserer Spezies, Werkzeuge herzustellen, wendet sich gegen uns während wir immer machtvollere — und fast immer auch ausserordentlich nützliche — Werkzeuge herstellen.

(b) Unfassbares Potential

Fast immerhaben uns dieselben Werkzeuge, mit denen wir uns selber in diese unangehme Situation gebracht haben, in der wir uns aktuell befinden, unglaublichen Wohlstand beschert.

Dafür sind wir dankbar und diesen Wohlstand wollen wir nicht nur erhalten, sondern auch allen aktuell lebenden Menschen und zukünftigen Generationen ermöglichen.

(c) Na und?

Die Modelle der Klimaforscher werden immer besser und gleichzeitig werden die Aussichten immer düsterer. In ungefähr einem Jahrzehnt wird das Wasser in Deutschland knapp und die Ernteerträge werden nicht mehr ausreichen.

In 60 Jahren ist der Planet dann abgefrühstückt, weil dann die letzte Ernte stattfindet, wenn wir weiterhin Landwirtschaft so betreiben, wie wir das gerade tun.

Anderswo wird es nicht besser sein. Eher schlimmer und mit allen Konsequenzen zwischen Massensterben durch Hitze, Hunger, Pandemien, Naturkatastrophen sowie durch Konflikte um die raren Ressourcen Zuhause und auf der Flucht.

(2) Schnapp!

Die Falle hat schon vor längerer Zeit zugeschnappt — und zwar gründlich. Mehrere Klappen versperren und den Augang und sind auch noch gegeneinander verkantet. Man kann das auch multiploare Falle nennen. Muss man aber nicht.

Die beiden wichtigsten Klappen sind:

(a) Finanzielles Kapital

Finanzielles Kapital derart in den Vordergrund zu stellen, wie wir das getan haben, ist schade und eindimensional, wenn man betrachtet, dass wir auch über kulturelles, soziales, intellektuelles, lebendes, spirituelles, materielles und Erfahrungs-Kapital verfügen.

Das eigentliche Problem ist aber, dass wir uns in ein Schneeballsystem verstrickt haben. Durch die Schaffung und Verzinsung von FIAT Währungen (wie Euro, Dollar, etc) Verdoppelt sich die Geldmenge ungefähr alle 20 Jahre. Eine Verdopplung in gleichbleibenden Zeiträumen bedeutet, dass wir es mit einer Exponentialfunktion zu tun haben. Eine Exponentialfunktion bedeutet, dass es lange ganz langsam geht und dann plötzlich ganz schnell.

Als uns das Gold ausging, das wir lange als Deckung für diese Idee genutzt haben, hattenwir vor ziemlich genau 50 Jahren die schlaue Idee, stattdessen das Bruttoinlandsprodukt zu verwenden. Eine Art Perpetuum Mobile also: es wird mehr Geld erzeugt, um mehr Geld zu erzeugen. Wenn die Maschine stoppt, dann bricht das System zusammen. Schneeballsystem halt.

Wenn nun ein Unternehmen in einem Markt agiert, dessen zentrale Kommunikationseinheit diese Art von finanziellem Kapital ist, dann ist es zwar ethisch-moralisch verwerflich, den Planeten und seine Lebewesen auszubeuten, aber auf der anderen Seite sehr profitabel. Und damit willkommen. Diejenigen, die das Spiel nicht mitspielen wollen werden von der unsichtbaren Hand aussortiert.

(b) Machtverteilung

Unsere aktuelle Konfiguration der Demokratie muss alle zwei Jahre für zwei Jahre die Marketingmaschine anwerfen. Wer dabei unangenehme Themen anpackt, hat bereits verloren.

Die Kaste der Berufspolitiker ist als Gruppe überschaubar gross, von den Komplexitäten der Welt genauso überfordert wie jeder andere und daher leichte Beute für gut finanzierte Einflussnahme diverser Akteure.

Während die Wirtschaft in einem Mechanismus eingesperrt ist, in dem sie immer unethischer handeln muss, ist die Politik in einem Mechanismus eingesperrt, in dem sie inhaltlich verflachen muss und den Status Quo bewahrt.

Kaum einer der beteiligten Menschen möchte das. Aber kaum einer findet einen Weg aus der Falle — und die meisten sehen die Falle noch nicht mal. “Was ist Wasser?”, fragt der Fisch.

(3) Phönix oder Nix

“Bin ich tot?”, fragt sich der Affe. Wie kommen wir aus der Falle wieder raus?

(a) Mutige Entscheidungen

Mit zwei mutigen — und extrem unrealistischen — Entscheidungen, können wir die Falle heute öffnen.

Finanzielles Kapital
So, wie wir vor 50 Jahren unser Geld an das BIP gebunden haben, können wir jederzeit entscheiden, unser Geld an etwas anderes zu binden. An Dinge, von denen wir wirklich mehr wollen. Ein paar Länder machen das schon ein bisschen vor.

Mutige Repräsentanten der Menschen in unseren Parlamenten könnten zum Beispiel den HPI zur neuen Deckung erklären. Damit würden ab sofort wirtschaftliche Aktvitäten belohnt werden, die zu einem lebenswerten Planeten beitragen.

Da das aber bedeutet, dass beispielsweise Deutschland sich von Platz 4 auf Platz 49 bewegen würde, während Costa Rica von 77 auf 1 steigen würde. Das machen wir nicht. Da sterben wir lieber.

Future Generation Wellbeing Act
2015 wurde Wales zum mutigsten und weisesten Land der Welt. 2015 hat Wales den Future Generation Wellbeing Act eingeführt und zwingt damit jede politische Entscheidung, zu beweisen, dass sie sich positive auf das Leben zukïunftiger Generationen auswirken wird. Wenn sie das nicht schafft, wird sie durch eine unabhängige Kommission durch Veto einfach gestoppt.

Auch das erfordert mutige und weitsichtige und selbstlose Anführer. Wales hatte so jemanden.

(b) Mutige Enscheidungen

Ja, diese Überschrift steht hier zweimal und das ist kein Unfall. Wir werden nicht darum kommen, mutig zu werden. Wenn die oben beschriebenen relative einfachen mutigen Entscheidungen nicht getroffen werden, dann müssen wir andere mutige Entscheidungen treffen.

Welche genau das sind ist noch unklar. Darüber denken gerade viele kluge Menschen nach und beginnen damit, ihr Denken in Handeln zu überführen.

Klar ist, dass der aktuelle Weg, uns als Menschen auf diesem Planeten zu organisieren, gescheitert ist. Wir brauchen einen neuen Weg. Diesen werden wir ganz sicher nicht finden, wenn wir weiter Nachhaltigkeits-Theater spielen. Aber ganz sicher werden unsere Kinder und Enkel — zu rect — nicht mehr mit uns sprechen, wenn wir ihn nicht wenigstens ehrlich und ernsthaft suchen.

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